Essay „Gestörte Genüsse, monströse Mahlzeiten“ im Schreibräume-Magazin 1/24
„Über Essstörungen zu schreiben heißt auch, über Essen zu schreiben. Über das schwierige Verhältnis zu Nahrungsaufnahme, über Ängste und Besessenheit, über kalorienreiche Träume und fanatische Restriktion. Beim Schreiben meines Romans Monstrosa (erschienen im Herbst bei Kremayr & Scheriau) war die Frage nach dem „wie“ eine meiner zentralen Herausforderungen. Die Heldin von Monstrosa – Isabella, eine dicke, bulimische Opernsängerin – weist sich auf Druck ihrer Gesangslehrerin in eine Essstörungsklinik im Wienerwald ein, in der seltsame Dinge geschehen. Obwohl ich viele Elemente aus Schauerromanen / Gothic Novels und Body Horror verwendete, um das gestörte Selbst zu versinnbildlichen, war die reale Ebene der Nahrungsaufnahme mindestens genauso wichtig. Wie kann man möglichst viele Aspekte dieses ausgesprochen komplexen Themas beschreiben, ohne dass der Text zu überladen wird, zu dokumentarisch, ohne dass er seine narrative Dichte verliert?“
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Gedicht von heute: „Eingesang 2“
Gedicht "Eingesang II" als Gedicht von heute – Poesiegalerie "unter der Atemoberfläche eines Zupfens Andeutung" Gesamtes Gedicht hier
„Wenn die Essstörung zum viralen Trand wird“– Essay für das Stichpunkt Magazin
„Die Anzahl essgestörter Patientinnen und Patienten steigt seit Jahren. Soziale Ansteckung in Internet ist dabei ein nicht zu unterschätzender Faktor. Längst geht die Gefahr nicht mehr nur von obskuren Anorexie-Foren aus.
Eugenias Knie sind breiter als ihre Oberschenkel, ihre Ellbogen dicker als ihre Oberarme. Unter dem kurzen Top kann man jede einzelne Rippe zählen, ihr Körper scheint nur aus Knochen und Sehnen zu bestehen, über denen sich fragile Haut spannt. Sowohl ihre knappen Outfits als auch ihre Posen auf Fotos und in Videos sind genau darauf ausgerichtet, dass man ihre extremste Schlankheit möglichst gut sehen kann. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – hat Influencerin Eugenia Cooney Millionen Follower. Allein auf Instagram folgen der 29-jährigen Amerikanerin über 700.000 Menschen, auf Tiktok 2,7 Millionen, in diversen Reddit-Foren wird jeder ihrer Auftritte diskutiert und seziert.“
Interview mit „Österreich“ über Triggerwarnungen
Brauchen Romane Triggerwarnungen oder reicht eine gute Inhaltsangabe?„Die Presse“-Artikel über Instagramlyrik
Artikel in der Presse über (auch meine) Instagram-Lyrik:
„Lohnt es sich, Instapoeten an Klassikern und Ernst-Jandl-Preisträgern zu messen? Nein, meint die in Wien lebende Künstlerin Rhea Krcmárová im „Presse“-Gespräch, zumal Instapoesie nicht gleich Instapoesie sei. Sie verbindet damit z. B. collageartige „Kombinationen aus Fotos und Gedichten“, die spontan entstehen, passend zum Eiltempo, das die Netzkultur bestimmt. Im Vergleich zu anderen Texten, die sie häufig überarbeitet, schreibt Krcmárová ihre oft englischsprachigen Instahäppchen zumeist „on the go, wenn ic mal ein paar Minuten Zeit habe“. Mehr als 530 solcher „Miniaturen“ lagern auf ihrem Instagram-Kanal @rhea_krcmarova. Ziel sei stets ein „kleines, in sich abgeschlossenes Gesamtkunstwerk“, ästhetisch wirke die Plattform kaum auf ihre Arbeit ein. Nur nutzt Krcmárová dort Schrägstriche, „weil der Zeilenumbruch bei Instagram leider nicht immer gut funktioniert“.
(Das Artikelfoto ist mein Stickbild „Schwimmschwester“ (Für Tanja Raich)
Braucht (m)ein Roman eine Triggerwarnung? Ein Essay
„Das Buch liest sich schnell und einfach. Dennoch kann ich das Buch aufgrund der fehlenden Triggerwarnung nicht weiterempfehlen.“
Vor kurzem erschien mein zweiter Roman, „Monstrosa“, die Geschichte einer essgestörten Opernsängerin, die in einer psychiatrischen Klinik mit ihren inneren Ungeheuern kämpft. Neben durchwegs positiven Rezensionen von Kritikerinnen und Kritikern finden sich auf Seiten wie Amazon oder Thalia aber diverse negative Bewertungen. Ihr Tenor: Das Buch sei zwar packend geschrieben, es fehle aber eine Triggerwarnung. Der Klappentext von „Monstrosa“ spricht von Bodyhorror und Essstörungen, von Schauerroman und einer Psychiatrie, deutet Mobbing und Selbsthass zumindest an. Sollte das als Inhaltswarnung nicht ausreichen?
MONSTROSA
Schauerroman meets Body Horror: Eine Opernsängerin nimmt im Kampf mit fragwürdigen Idealmaßen und ihren eigenen Dämonen monströse Züge an – mit ungeahnten Folgen. Isabella Vlcek, eine übergewichtige, essgestörte Opernsängerin ohne Engagements, sucht in einer psychiatrischen Klinik Heilung für sich und ihre Stimme. Als sie auf eine Clique eng verschworener Mitpatient:innen trifft, die sie ablehnen und seltsame Rituale abhalten, brechen alte Traumata auf. Von Albträumen gequält, muss Isa mitansehen, wie ihr Körper sich verwandelt. Während sie mit ihrem neuen, monströsen Selbst kämpft, beginnt auch beim Rest der Gruppe eine Verwandlung … Rhea Krčmářová schafft eine packende Reflexion über die Entfremdung vom eigenen Körper und den Preis virtueller Schönheitsnormen.
MONSTROSA ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.
LESUNGEN HERBST 2023
- 2.10.2023, 19h Buchpräsentation MONSTROSA (gemeinsam mit Eva Reisinger, „Männer töten“ – Leykam)
Österreichische Gesellschaft für Literatur – Lesungsort Café Central, Arkadenhof*, Herrengasse 14, 1010 Wien
- 10.10.2023, 19h Wienreihe: Die Kulturabteilung der Stadt Wien stellt Stipendiat*innen und Preisträger*innen vor.
Didi Drobna: Was bei uns bleibt, Rhea Krčmářová: Monstrosa
Alte Schmiede, Schönlaterngasse 9, 1010 Wien
- 3.11. 2023 20h Lesung MONSTROSA,
Kosmos Theater, Siebensterngasse 42, 1070 Wien
- 1.12.2023 18h Charity-Lesung für das Neunerhaus Wien
Buchtrailer Monstrosa
„Das Monster, flüstern sie. Es kommt.
Es holt euch.
Versteckt euch.“
Knochige Füßchen klatschen auf dem brüchigen Lino leumboden auf, leicht wie Kirschen, die auf Beton prallen. Fast verhungerte Fingerchen greifen nach dem Ständer mit eingetrocknetem Magensondenbrei, klammern sich daran fest. Echozarte Stimmchen flüstern sich Warnungen zu wie Gebete.
Ich warte, bis die Wolken weitergezogen sind und ich dasmonderleuchtete Szenario besser überblicken kann.
Die Lichtschalter klicken in leere Dunkelheit, die uralten Heizkörper hängen still und kalt unter beschlagenen Fenstern, Spätwinterkälte hat sich in jedem Winkel eingenistet. Wurde der Pavillon gänzlich im Stich gelassen, oder hat sich jemand aus der Gruppe an den Sicherungen zu schaffen gemacht? Alle haben es in ihre Anabibeln geschrieben: Die Kälte ist dein Heil. Die Kälte verbrennt Kalorien.
Ich komme näher. Drücke mein Gesicht, oder was davon übrig ist, an die Glastür. Höre fünf kleine schwache Lungen nach Luft schnappen.
Verschwinde, Ungeheuer, flüstern die Schatten.
Lass uns in Frieden sterben.
Ich muss meine Spiegelung nicht sehen, angedeutet im Glas der Trenntüren zwischen Krankenstation und Stiegenhaus; in den Überresten des zersplitterten Spiegels im Therapieraum, oder im kleinen Rund dessen, was einmal mein Schminkspiegel war.
Das Monster bin ich.
MONSTROSA – ab 18.9.2023 im Buchhandel