Venus in der Fotokammer

Schönheit zum Quadrat

SCHÖNHEIT ZUM QUADRAT – EIN TRANSMEDIALES TEXTPROJEKT (2007)

Rhea Krčmářovás erstes Textkunstprojekt (in Kooperation mit den wiener wortstaetten) widmete sich der Suche nach Möglichkeiten, den Schönheitsbegriff zu demokratisieren und einer Medienwelt, in der zunehmend manipulierte Frauenbilder dominieren, die Selbstdefinitionen realer Frauen gegenüberzustellen.

Venus in der Fotokammer
Foto zum Gedicht „Spiegel“ von Elvira Rajek

Phase eins war die Suche nach „Frauenorten“ in Wien, genauer gesagt im Planquadrat der Bezirke 4/5/6 (vom Bauchtanzstudio über die Fußballmannschaft und das feministische Veranstaltungszentrum bis zum Ladies Only-Sexshop) und dort die Befragung von Frauen aller Altersgruppen, Ethnien und Figurentypen über ihre ganz persönliche Schönheit – diese Frauen mit all ihren individuellen Geschichten und Zugängen wurden für dieses Projekt zu den Musen der Autorin.

"Magenta". Künstlerin Julya Rabinovich
„Magenta“. Künstlerin Julya Rabinovich

Von den Interviews inspiriert, entstanden Texte (die z.T. von der Komponistin und Kontrabassistin Birgit Selhofer vertont und bei der Vernissage von Rhea Krčmářová und Birgit Selhofer vorgetragen wurden), Videoarbeiten und ein (leider nicht mehr exisiterendes) Blog im Rahmen der Webseite der wiener wortstatten erstellt. Außerdem wurden bildende Künstlerinnen eingeladen, um die interviewten Frauen ebenfalls zu ihren Musen zu machen – so haben u.a. die Fotografin Elvira Rajek, Autorin und Malerin Julya Rabinowich oder die Malerin Nina Hoechtl Illustrationen zu Rhea Krčmářovás Texten produziert.

Die Absicht hinter Schönheit zum Quadrat war, die Frauen einzuladen, sich selbst durch die Augen einer Künsterin und somit vielleicht ein wenig anders zu sehen. Rhea Krčmářová nutze ihre eigene Erfahrung als Kunstmodell (unter anderem für die Bildhauerin Hortensia und den Fotografen Claudio Alessandri) und das Wissen um die Transformation, die eintreten kann, wenn man, sich selbst als eine Komposition als Licht und Schatten und Farbe und Form und Negativräumen zu sehen, als eine Ansammlung von Buchstaben und Worten. Sie wollte anderen Frauen ermöglichen, selbst diese Erfahrung zu machen, und so den sehr engen Schönheitsbegriff des Mainstreams aufzubrechen, das an sich selbst feiern, was man mag und schön findet, und es mit anderen zu teilen.

"Shade", Künstlerin: Nina Höchtlan>
„Shade“, Nina Höchtl

(Auszug aus dem Konzept): „Weibliche Schönheit ist nicht greifbar – oder doch?
Wer ist schön? Supermodels? Superstars? Supercelebrities?
UND WER IST SONST NOCH SCHÖN ?
Welche Körperbilder akzeptiert die Gesellschaft bei all den anderen Frauen?
Warum sind Selbstkritik, Selbsthass und sogar Selbstzerstörung legitimer als
Selbstliebe und Selbstlob?
Hassen wirklich alle Frauen ihre Körper?
Oder gibt es sie, die Frauen, die ihre Schönheit besitzen?
Besitzen sie alles, besitzen sie Teile?
Wie wäre es, einmal nicht über das Negative zu reden, sondern nur das Positive
herauszufiltern? Sich ganz auf das Geliebte, das Verehrte, das Schöne zu
konzentrieren?“

Texte

Hoch. Zwei.

S chön groß bin ich, größer als andere
C onditio sine qua non
H eute und hier
O hne Verlegenheit
E rstaunlicherweise
N icht zu übersehen
H och, schön, mich nicht versteckend
E inheit
I mmer ich
T rage mich erhaben

Z iemlich wohl fühle ich mich
U ngewohnt für euch mein Heimatkleid
M ag mich, wenn ich es fülle

Q uelle meiner Stärke ist die Schönheit
U eber eins fünfundsiebzig
A lles Frau
D ie Schuhe flach in Wien
R osa an mir fühl ich herrlich
A ls Königin fühle ich mich, ganz wie ich heiße
T urmhoch nicht, aber weithin sichtbar

Rhea Krčmářová
Performance Rhea Krčmářová , Birgit Selhofer

fließendes

liebe meine seele/ meine hände/ meine brüste/ edle hände/ klein/ weiblich/ kleine frau/ hat schöne etwas grössere brüste / mache nichts besonderes/ um schön zu sein/ schönheit ist wie die seele sich bewegt/ fühle mich gut wenn hübsch/ aber schönheit ist nicht alles/ war die schönste von drei schwestern/ war für mama manchmal süss/ wo ich herkomme, ist blond selten/ ist blond schön/ hier in österreich ist dunkel selten/ ist dunkel schön/ bekomme viele komplimente/ schönheit ist überall/ im augenblick/ in meinem freundeskreis/ in der sauna/ im hammam/ pflege für schönheit/ kleidung ist harmonie/ kleidung ist kreativität/ ich mag mich/ wenn ich provokativ bin/ zeige ein bissi haut/ bin frei hier/ schönes gefühl/ niemand stört mich hier/ niemand belästigt mich auf der strasse/ habe keine definition von schönheit/ allgemein/ es gibt keine definition/ allgemein/ nicht auf der oberfläche/ in der tiefe/ hat jede ihre eigene/ schönheit

Video: Von Bauchtänzerinnen und Fußballerinnen
Video: Von Bauchtänzerinnen und Fußballerinnen

 

sonnenfältchenlächeltanz

sonnenfältchenlächelkranz
lädt dich ein zu meinem Tanz

augenrahmenbilderblick
hin und her, vor und zurück

strahlekrähengrinsefuss
dreh im kreis dich voll genuss

tälerblickebergebraun
tanz die schönheit aller frau´n

wimpernfächerschattenbild
sanft und wiegend, frech und wild

sonnenfältchenlächelkranz
meiner schönheit einen tanz

spiegel

er sei dein spiegel,
waren ihre worte.
nur, was er schön sieht,
zählt.
deine augen zählen nicht.
nur wenn sie ihm gehören.
meine schönen augen, ausdruckshaft, betonend und nicht hervorgehoben.
rot gerändert habe ich sie in ehrlicher schönheit.
und sie gehören nur ihm.

er soll dein spiegel sein,
hat sie gesagt
dein unterer rücken ist nichts wert.
es sei denn, er lässt sich herab. ihn wahrzunehmen.
mein schönes rundes hinterteil.
festgewandert, in form gelaufen.
nur durch ihn wird es sichtbar.

doch jahre kommen.
ihre macht am schwinden.
und nach und nach verblasst ihr schleier vor meinen augen.
und meine macht beginnt.
und meine schönheit beginnt.

und
ich werde mein spiegel

Königin I. Künstlerin: Yulia Rabinovich
Königin I. Künstlerin: Yulia Rabinovich

an der wand

die königin: spieglein, spieglein.
der spiegel: an der wand.
die königin: bin ich die schönste? im eigenen land?
der spiegel: es gibt schönere. immer. außen strahlend.
die königin: innen leer.
der spiegel: älter wirst du.
die königin: schön!
der spiegel: haare anders. fältchen da.
die königin: ist so.
der spiegel: ist so?
die königin: sicher. und?
der spiegel: ändern!
die königin: ändern?
der spiegel: rate ich.
die königin: totalumbau?
der spiegel: mindestens.
die königin: nicht ich.
Der Spiegel: nicht?
die königin: fremd sein?
der spiegel: schön fremd.
die königin: bin schön. du blind.
der spiegel: und ich?
die königin: genauer hinsehen!
der spiegel: worauf?
die königin: was da wäre.
der spiegel: das wäre?
die königin: lippen. augen. brüste.
der spiegel: deine?
die königin: meine.
der spiegel:: taille? hüften?
Königin: jetzt lernst du.
der spiegel: sonst?
die königin: wimperntusche. lippenstift. kann helfen.
der spiegel: wenn das so ist.
die königin: spieglein spieglein an der wand?
der spiegel: ganz eindeutig du.
die königin (zufrieden): eben.

rad schlagen

ich vergleiche mich
nicht mehr

ich schlage lieber ein rad
ich laufe und tanze
schwimme an der sonne
und schlage ein rad

wenn die luft meinen körper trocknet
draussen in der donauau
wasser beim schwimmen überall
nur haut, nur haut
kein nasser fetzen,
kalt und klamm
nur ich, die feuchte kälte
dann die warme
spätnachmittagssonne
dann wieder in den schatten

nur ich, mein busen der nicht hängt
keine krampfadern
natürlich meine haare
im besonderen

um mich in mir
wohlbefinden
bin so wie ich bin
ohne schminke
dass ich achtundsechzig bin
glaubt mir keiner
ich bin ganz
wie ich mich freue
schlage ein rad

Muse: Julia
Muse: Julia

Magenta (Farbe)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Magenta bezeichnet eine rotblaue Farbe, die auch als helles Purpur bezeichnet wird.
Magenta war eine der ersten künstlich hergestellten Anilinfarben. Sie wurde 1859 kurz nach der Schlacht von Magenta erstmals hergestellt und nach dem damals aktuellen Ereignis benannt.
In freier Natur finden sich größere Vorkommen von naturidentem Magenta vor allem in der Hauptregion von Julia N.

Farblehre [Bearbeiten]
Die Farbe Magenta ist eine der Grundfarben der Subtraktiven Farbmischung (neben Gelb und Cyan) entsteht durch die Mischung der Farben Rot und Blau in der Additiven Farbmischung ist die Komplementärfarbe zu Grün
hat im RGB-Farbraum den Wert RGB = (255, 0, 255) dezimal bzw. FF00FF hexadezimal.
Ist die Primärfarbe von Julias N.s Haaren. Vor einigen Monaten kurz durch Tiefschwarz ersetzt, vollzog sich der Wechsel zurück zu Magenta durch den Wunsch nach farblicher Intensität. Das leuchtende Rotviolett stellt einen erheblichen Kontrast zu ihrer hellen Haut dar und bringt laut Augenzeugenberichten die von ihr selbst als valuable asset definierten vollen, weichen und runden Lippen besonders gut zur Geltung. Der modische Kurzhaarschnitt in leuchtendem Magenta ist auch aus großer Entfernung nicht zu übersehen und motiviert Unbeteiligte, sich mit Julias N. Schönheit auf positive und wertfreie Weise auseinanderzusetzen.
Das Telekommunikationsunternehmen Deutsche Telekom AG hat die Farbe Magenta (RAL-4010) als Farbmarke für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation registrieren lassen. Konkurrierende Unternehmen können daher bei Einsatz dieser Farbe in der Werbung abgemahnt werden. Das Corporate Design ist gänzlich auf diese Farbe ausgerichtet, auch die Hörer an Telefonzellen sind magenta.
Auch Julia N. verwendet Magenta als klar definierten Teil ihrer Corportate Identity. Zusammen mit ihrer individuellen Kleidung und einem Nasenpiercing bildet es eine unverwechselbare Einheit und repräsentiert auf innovative Weise einen individuellen Zugang zum aktuellen Schönheitsdiskurs und repräsentiert unübersehbar den Mut zur individuellen Ästhetik.

Herrin der Ohrringe

Elf waren es insgesamt. Fünf im einen, sieben im anderen Ohr. Sie lächelte. Noch einer sollte dazukommen, aber sie war sich nicht sicher. Durch den Knorpel, das tat weh. Und Schmerz war nicht ihres. Nur Mittel zum Zweck.

Schönheit soll nicht wehtun müssen, dachte sie. Ihre Tränen hatte sie weggewischt, als die Blutflecken überhand genommen hatten. Tränen nützten nichts. Besser wurde es nicht. Sie kannte die Prozedur ja gut.

Die Idee hatte sie schon lange. Alle ihre Zeichen waren selber entworfen, eigens für sie. Die Legende liebte sie schon seit langem, seit sie ein Kind war. Und jetzt wurde ihr Geheimnis endlich sichtbar.

Diese eine Stelle tat besonders weh. Sie biss sich in die Unterlippe. Es konnte sich nur noch um Stunden dauern. Die Schwellung war stärker, und Blut und Farbe machten das Ergebnis kaum erahnbar. Schön wird es, dachte sie. Schön wird mein Knöchel, schön wie der andere. Schön wie mein Unterarm.

Sie stand auf der Strasse auf wackligen Beinen. Nur noch heim und zu meinem Eisbeutel, dachte sie. Unter der Hose war der Knöchel dick angeschwollen, klebte restliches Blut. Und darunter…
Das Ergebnis hatte sie überrascht. Sie hatte es seit Monaten geplant, jeden Buchstaben, jeden Zentimeter, jeden Abstand, jeden Schnörkel. Und jetzt hatte sie ihren Traum auf ihrem Knöchel. Ihr kostbares Spruchband. Auf geschwollener Haut war ein Kreis aus Buchstaben, wunderschön und unlesbar.
Ihr kleines Geheimnis. In elbisch.